Typisch?

Ein Auslandsaufenthalt ist auch (oder gerade) deshalb so interessant, weil er einem die eigene Kultur und das bisherige Denken über andere Kulturen ungeniert vor Augen führt. Und dann merkt man manchmal, dass eben nicht alles so typisch ist wie bisher angenommen.

Da wäre zum einen die Verweigerung, Fremdwörter ohne Weiteres in den eigenen Wortschatz zu übernehmen und stattdessen ein eigenes Wort zu kreieren. Das kam mir bisher immer als typisch französisch vor. Inzwischen weiß ich, dass das die Schweden genauso machen (Computer ist hier beispielsweise dator). Vielleicht ist ja eher das Gegenteil, also das Übernehmen der Fremdwörter in die eigene Sprache ohne Übersetzung, typisch deutsch?

Ein ebenso typisch deutsches Phänomen ist die vielzitierte Servicewüste. Wenn man sich allerdings die Banköffnungszeiten hier in Ronneby anschaut, können einem auch die Schweden leid tun: Die SEB hat ganze drei Stunden am Tag für den Pöbel geöffnet, am Donnerstag ein wenig länger. Da bleibt einem der Satz Davon soll sich die Sparkasse mal eine Scheibe abschneiden glatt im Halse stecken. (Abgesehen davon hat hier jedes Lebensmittelgeschäft auch sonntags mindestens bis 19 Uhr geöffnet, soviel zu Servicewüste!)

Die Art und Weise des Alkoholkonsums hier in Schweden ist andererseits sehr dicht an dem, was ich bisher als typisch amerikanisch bezeichnet hätte: Alkohol darf nur in staatlichen Alkoholverkaufsstellen (Langenscheidt Taschenwörterbuch Schwedisch, Stichwort Systembolaget) unter strengen Ausweiskontrollen erworben werden und wird wegen dieses eingeschränkten Zugangs wenn, dann in Massen konsumiert. Die zu Grund liegende Doppelmoral, dass die Einrichtung von Systembolaget auf eine Abstinenzbewegung zurückgeht, während sich schwedische Studenten an jedem verdammten Sonntag Samstag regelrecht zusaufen, ähnelt ebenfalls US-Zuständen.

So könnte ich noch einige Beispiele nennen, aber das soll erst einmal genügen. Quintessenz: Ich werde in Zukunft aufpassen, was ich als typisch bezeichne. Und jetzt kommt ihr…

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