Schlaflos
Die Nacht in Whittaker's Bunkhouse (nein, wir hatten kein Doppelstockbett reserviert!) hatte ihren Tribut gezollt: Ich bin mit über 40 Mückenstichen aufgewacht — und Anje ist ohne einen einzigen davongekommen.
Also, Seattle! Wir freuten uns auf die Stadt (und diesmal wirklich eine!), hatten dabei aber etwas Wichtiges übersehen: Um überhaupt hinzukommen, mussten wir den Verkehr überleben. Das war nicht so einfach, hier muss irgendwie die Luft wärmer sein. Spurwechseln ohne Grund und Schneiden scheint hier zu den ersten praktischen Fahrstunden zu gehören. Ein LKW hatte es auf uns abgesehen, aber er ist an unserem Dodge zerschellt
Parkplatz gefunden, auf zum Seattle Center, wo die Space Needle steht (für alle Englisch-Anfänger: kann exakt mit “Raum-Nadel” und frei mit “184 Meter hohes Wahrzeichen der Stadt mit Aussichtsplattform auf 154 Metern Höhe” übersetzt werden). Ein Day/Night-Pass ermöglicht uns, innerhalb von 24 Stunden zweimal hochzufahren — na, das ist doch mal was! Doch dazu später mehr
Nach dem Mittagessen ein kurzer Spaziergang durch den Queen Anne District, ein hügeliges Gelände mit netten Häuschen und Cafés. Das Wetter zwischendurch war nass, was uns immer noch von einer Space-Needle-Entscheidung abhielt. (Kleine Info zwischendurch: Seattle wird zwar als “Rainy City” gehandelt, es fällt hier aber weniger Regen als z.B. in New York.)
Doch plötzlich klart es auf, und wir entscheiden uns für den Day/Night-Pass. Die Fahrstühle sind außen angebracht, die Fahrt dauert 41 Sekunden, und der knöpfedrückende nette junge Herr im Anzug unterhält uns währenddessen mit Redestoff, der eigentlich für zwei Minuten Fahrzeit vorgesehen war. Oben angekommen weist er uns noch auf das Starbucks hin, falls wir in Seattle keins finden sollten (hahaha). Der Blick über die Stadt ist einmalig, und wir freuen uns darauf, hier nochmal im Dunkeln herzukommen.
Ach ja, unser Motel. Eigentlich haben wir den ganzen Tag nur einen Block entfernt geparkt, aber das wussten wir nicht — dann hätte nämlich auch die Suche nicht so lange gedauert. Der Check-in sollte hier länger dauern als in jeder anderen Unterkunft. Vor dem Tresen eine Frau, deren Vorauszahlung nicht anerkannt wurde und eine, die ein Nichtraucherzimmer gebucht, aber nicht erhalten hatte. Hinter dem Tresen die personifizierte Kompetenz: Ein Schwuler, ein Rausschmeißer und ein Inder kommen in ein Restaurant sitzen um einen einzigen Computer und tun sich schwer mit allem (Technik, Höflichkeit, Smalltalk). Schon nach zehn Minuten haben wir unseren Schlüssel und sind wenigstens positiv überrascht vom Zimmer. Da wir direkt unter dem Fenster parken, erweist sich das Auspacken als einfach und bleibt von einem Vorbeikommenden nicht unkommentiert.
Abends zurück auf der Space Needle machten wir noch mehr Bilder und wurden zu Voyeuren — manche Häuser sind einfach zu dicht und in Reichweite der verfügbaren Fernrohre
Seattle, WA